Der Bananenkönig

Bernd Salzer
60 Jahre
Technik: Composing aus Tuschezeichnung, Fotografie und Grafik von Josefine Kunkel
Zu den 3 Bildern: Remstal Gartenschau, alles Banane? 16 Bananen hofieren den Bananenkönig, die Remstal Gartenschau – vitaminreich und bereichernd!
Bernd Salzer ist Dipl. Grafik-Designer, Werbeagentur Salzer in Waiblingen. Er besucht regelmäßig den Druckkurs bei Kunst und Keramik. Kontakt: www.salzer-werbeagentur.de

Die Geschichte vom Bananenkönig

Krumm sitzt er da und quittegelb, würde ich sagen, wenn ich nicht wüsste,
dass er der Bananenkönig ist. Man könnte auch auf Leberschaden tippen. Denen
haftet auch so etwas ungesund Gelbes an.
Das hat er nun davon. Als Flaschner ausgebildet, aber immer nach Höherem
strebend. Auf seine alten Tage wollte er noch mal das ganz Besondere
erleben. Und als plötzlich völlig unerwartet die Fee vor ihm stand, so
etwas hatte er immer als Märchen abgetan und nie für möglich gehalten, als
sie also plötzlich vor ihm stand und ihm sagte, er habe einen Wunsch frei,
da stammelte er völlig überrumpelt: „König, ich will König sein!“ Und als er
sich dann präzisieren sollte, kniff er die Augen zusammen, um sich besser
konzentrieren zu können, schluckte trocken, dachte: „Herrgottnochmal, warum
fällt mir gerade jetzt nichts ein, warum denn? Aber ich habe einfach nicht
mit so was Verrücktem gerechnet. Heiliger Strohsack, hilf mir doch jemand!“

Als er die Augen wieder öffnete, weil die Fee ungeduldig mit ihren Füßen
gescharrt hatte, fiel sein Blick auf die Banane in seiner linken Hand. Und
schon war ihm das Wort aus dem Mund gerutscht. „Banane. Ich will
Bananenkönig sein!“ Die Fee berührte ihn leicht mit ihrem Zauberstab; es
ging ein Ruck und ein Ziehen durch seinen Körper, die Fee war so plötzlich,
wie sie aufgetaucht war, auch wieder verschwunden. Und jetzt saß er da,
krummgebogen, quittegelb und mit einem lächerlichen Krönchen auf dem Haupt.
Am liebsten wäre er vom Erdboden verschlungen worden. Er hatte keine Ahnung,
wie er sich fortbewegen sollte. Wahrscheinlich irgendwie hin- und
her-schaukelnd. Er überlegte, wie er Marlene erklären sollte, was mit ihm
passiert war. Das würde wieder endlose Diskussionen geben. Marlene ließ sich
nämlich nicht so leicht abspeisen. Sie wollte alles immer haarklein wissen
und bis zum Erbrechen ausdiskutieren. ‚Kein Problem‘, dachte er noch, er
würde ja gar nicht mehr sprechen können.

Und irgendetwas wie Erleichterung über die neugewonnene Sprachlosigkeit
machte sich in ihm breit und drohte fast seine Schale zu sprengen. Mit
diesem Gedanken war die Wandlung zum Bananenkönig endgültig vollzogen, und
alle menschliche Regung fiel von ihm ab. Hätte er beispielsweise an diesem
Mittwoch den Jackpot geknackt, ein jahrelanges, sinnloses Be-
streben von ihm, es hätte ihn nicht mehr tangiert. Für ihn war jetzt alles
sozusagen Banane. Er fühlte sich völlig eins mit seinem Bananendasein.
Ich hatte ihn schon von Weitem leuchtend gelb auf dem Stuhl sitzen oder
vielmehr hängen sehen. Es war mir sofort klar: Das ist Ludwig. Er hatte
immer schon so etwas Verrücktes an sich, seit ich ihn kannte. Dafür liebte
ich ihn. Und natürlich auch für seine Bekanntschaft mit Marlene. Er erkannte
mich nicht, schien überhaupt nichts mehr um sich herum mitzukriegen. Es war
auch ganz offensichtlich, dass er nicht nach Hause laufen können würde, also
klemmte ich ihn unter den Arm, steckte das

Krönchen in die Tasche und lief Richtung Schlossstraße. Natürlich war
Marlene überrascht, als ich bei ihr klingelte und sagte: „Hier bringe ich
dir deinen Bananenkönig.“ Sie dachte zuerst an einen blöden Aprilscherz,
aber irgendwann hatte sie dann geschluckt, dass diese gekrönte Banane ihr
oller Ludwig sein musste.
Ich bot ihr an, bei ihr zu nächtigen, weil sie einerseits nicht mit einer
Banane im Bett liegen wollte – gekrönt oder ungekrönt, das war nicht der
Punkt – und ich andererseits spürte, dass sie Trost brauchte, um diesen
Schock  zu verwinden. Aus Pietät wollten wir Ludwig, den Bananenkönig, nicht
im Schlafzimmer ablegen und suchten die kühlste Ecke in der Wohnung für ihn
aus – wegen der Haltbarkeit.
Die ersten Tage machten wir noch Ausflüge mit Ludwig, legten ihn in einen

Autorin Bärbel Stoller, Esto-Verlag