Elisabeth Eberle

Zehn literarische Szenen beleuchten jüdisches Leben im Deutschland der unmittelbaren Nachkriegszeit bis heute.

Literatur

1945 und 50er Jahre: Man spricht hinter vorgehaltener Hand und möglichst knapp über Juden. Überlebende Juden werden in Sammelunterkünften für sogenannte „Displaced Persons“ untergebracht.
60er und 70er Jahre: Einzelne jüdische Bürger trauen sich, zumindest am Rand des öffentlichen Lebens, wieder aus der Deckung, zum Beispiel der Journalist und Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki, später vielleicht Deutschlands populärster Jude.
80er Jahre: Die amerikanische TV-Reihe „Holocaust“ bringt das Thema in die Wohnzimmer. Historische Forschungen und Veröffentlichungen in Buchform, Film und Fernsehen gelangen an die breite Öffentlichkeit.
90er Jahre: Jüdisches Leben in Deutschland nimmt schnell Fahrt auf, durch den Zuzug russischer Bürger aus der ehemaligen Sowjetunion genauso wie aus der westlichen Welt oder aus Israel. Belletristische und wissenschaftlichen Publikationen über Juden und Judenverfolgung laufen zu ihren Höhepunkten auf.
2000er Jahre: Unter bestimmten Bevölkerungsgruppen wird es schick, Juden zu kennen. Juden aus der ehemaligen DDR trauen sich, zu ihrem Jüdisch-Sein zu stehen.
2010er Jahre bis heute: Die schon ab Mitte der 80er Jahre unterschwelligen antisemitischen Stimmungen sind zu wahrnehmbaren Haltungen geworden.

Elisabeth Eberle, Jg. 1966, erlebte noch den Viehjuden Harry Kahn aus Baisingen im Schwarzwald. Auch ein Teil ihrer eigenen Herkunftsfamilie war jüdisch.